Auf gute Nachbarschaft

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Endlich stehen die langersehnten Sommerferien unmittelbar bevor. „Was macht ihr denn dieses Jahr im Urlaub?“, lautet aktuell eine typische Frage, auf die man die unterschiedlichsten Antworten erhält. In einem Punkt ähneln sich jedoch alle: „Eigentlich wollten wir dieses Jahr ja mal wieder nach Mallorca fliegen.“ „Eigentlich waren wir zu einer Hochzeit eingeladen.“ „Eigentlich wollten wir den runden Geburtstag mal wieder groß feiern.“ „Eigentlich hatte ich mir einen Städtetrip mit Bummeln und Shoppen vorgestellt.“ „Eigentlich wollten wir in den Süden, Sonne, Strand und Meer genießen.“
Eigentlich scheint der neue Begriff zu sein, der die aktuelle Situation in einem Wort zusammenfasst. Eigentlich gab es eine Idee, aber ob sich diese umsetzen lässt, bleibt bis zuletzt fraglich. Corona durchkreuzt weiterhin unbarmherzig unsere Pläne und bringt unsere Wunschvorstellungen und Träume zum Platzen.

Eigentlich scheint der neue Begriff zu sein, der die aktuelle Situation in einem Wort zusammenfasst.
Doch wie können wir in geeigneter Weise auf diese ständigen Wechselfälle reagieren? Wie können wir mit der Frustration und Enttäuschung umgehen, wenn Pläne immer wieder nicht funktionieren? Gibt es etwas, das wir dem entgegensetzen können? Und stecken in all dem vielleicht sogar Chancen, die wir aktuell noch gar nicht erkennen?
Das Phänomen, dass kurzfristig alles ganz anders sein kann, als eigentlich gedacht und Dinge sich urplötzlich um 180 Grad ändern können, hat einen Namen: VUKA. VUKA beschreibt die Bedingungen für unsere aktuelle Welt.
Es steht für
- Volatilität: schnelle Veränderung in alle Richtungen
- Unsicherheit: geringe oder fehlende Vorhersehbarkeit
- Komplexität: unklare Vernetzung von Ursache und Wirkung
- Ambiguität: Mehrdeutigkeit, kein eindeutiges Richtig oder Falsch.
Der VUKA-Begriff ist zwar nicht neu, erhält aber im Zuge der aktuellen Situation eine besondere Alltagsrelevanz. In Höchstgeschwindigkeit verändert VUKA die Fakten, auf deren Basis Pläne gemacht werden. Infolge dessen driften Pläne und Realität zunehmend auseinander, VUKA wirkt als Fliehkraft. Was wir ursprünglich für möglich hielten, stellt sich oftmals schon nach kurzer Zeit als nicht mehr zutreffend heraus. Das Unvorhergesehene dominiert das Geschehen. Wir wissen heute nicht, was morgen ist.

Pläne und Realität driften auseinander, VUKA wirkt als Fliehkraft. SALVE macht Adaption an die veränderte Realität möglich.
Damit steht VUKA im Gegensatz zu all unseren bisherigen Erfahrungen. In der Welt, aus der wir kommen – in der Zeit vor Corona – waren wir es überwiegend gewohnt, die Realität so zu kontrollieren und zu gestalten, dass sie zu unserem Plan passte. In der neuen Welt funktioniert das so nicht mehr. VUKA verändert die Realität schneller, als wir sie kontrollieren könnten. Es bleibt uns also nichts anderes übrig, als uns selbst an diese neue VUKA-Welt anzupassen.
VUKA steht im Gegensatz zu all unseren bisherigen Erfahrungen. Wir waren es gewohnt, die Realität so zu kontrollieren, dass sie zu unserem Plan passte. Jetzt verändert VUKA die Realität schneller, als wir sie kontrollieren könnten.
Ein bisschen ist es mit VUKA so, wie mit einem neuen Nachbarn, an den man sich erst einmal gewöhnen muss. Schließlich war man mit dem vorherigen Nachbarn wirklich gut klargekommen. Doch jetzt wirbelt der neue Nachbar alte Gewohnheiten durcheinander und geht uns mit manchen neuen Gepflogenheiten ganz schön auf den Zeiger. Warum muss der die Dinge denn jetzt so ganz anders angehen? Das haben wir doch immer so gemacht in unserer Nachbarschaft. Das war doch gut so. Wir erwischen uns, wie wir uns vielleicht auch wünschen, dass der neue Nachbar nur zu Besuch wäre und bald wieder verschwinden würde. Doch dann seufzen wir tief und wissen: Er ist gekommen, um zu bleiben.
Auch VUKA geht uns in einigen Momenten ganz schön auf die Nerven und genauso wie beim Nachbarn haben wir auch dort anfangs noch gehofft, das wäre nur vorübergehend. Nun beginnen wir jedoch zu ahnen, dass VUKA sich für länger niedergelassen hat und uns tagtäglich begegnen wird. Auch VUKA ist gekommen, um zu bleiben.
Doch wie können wir damit umgehen? Wie können wir VUKA akzeptieren und in unser Leben integrieren?
Dinge nicht beherrschen zu können, verursacht beim Menschen stets Stress und Erschöpfung. Der Neurologe Viktor Frankl beschreibt hierzu die Hintergründe. Entwickeln sich Dinge anders als gedacht und stoßen wir auf unabänderliche Schwierigkeiten, erleben wir zunächst einmal Enttäuschung und Frustration. Frankl konnte aber in zahlreichen Studien nachweisen, dass der Mensch die Möglichkeit hat, diesen negativen Gefühlen etwas aus eigener Kraft entgegenzusetzen. Hierfür braucht es die Bereitschaft, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren und das jeweils Beste aus der Situation zu machen. Menschen, die in der Lage sind, eine entsprechende Haltung einzunehmen, können unabhängig vom Ausmaß der Widrigkeiten, stabil bleiben und Erfüllung erleben. (Viktor Frankl Institut, 2021)
Menschen haben die Möglichkeit, der VUKA-Welt etwas aus eigener Kraft entgegenzusetzen.
Hierfür braucht es die Bereitschaft, sich mit den Gegebenheiten zu arrangieren und das jeweils Beste aus der Situation zu machen.
Das soll jetzt die Lösung sein? „Nur“ die eigene Haltung verändern und schon klappt es mit dem neuen Nachbarn?! Das klingt etwas einfach, oder? Nun, ganz so einfach ist es nicht. Die eigene Haltung zu ändern, ist harte Arbeit, denn es erfordert eine Neustrukturierung unserer bisherigen Vorstellungen und Überzeugungen. Das ist ein längerer Weg. Es bedeutet, neue Überzeugungen zu gewinnen, neues Verhalten einzuüben und einen neuen Umgang mit Situationen und Menschen zu finden.
Und wie sollen wir mit dem neuen Nachbarn VUKA umgehen? Und welche Haltung sollten wir einnehmen? Was hilft uns dabei, uns trotz VUKA nicht als Spielball der Wechselfälle, sondern als Gestalter:in zu fühlen?
Spontanität, Anpassungsfähigkeit, Loslassen, Vertrauen und Entscheidung verbinden sich zu einer neuen, gelungenen Haltung in der VUKA-Welt. SALVE macht Adaption an die neue Wirklichkeit möglich.
Wir haben uns über genau diese Fragen Gedanken gemacht. Und stellen im Folgenden fünf Aspekte heraus, die wir für geeignet halten, um uns gut mit VUKA zu arrangieren:
- Spontanität:
In einer Welt voller Wechselfälle erscheint Spontanität besonders wichtig, damit Chancen, die sich kurzfristig auftun, genutzt werden können. Spontanität bedeutet, Möglichkeiten, die sich unverhofft auftun, zu erkennen und zu ergreifen, ohne zu viel zu überlegen, abzuwägen und zu prüfen. Spontanität erreichen wir, wenn wir Angebote und Vorschläge unseres neuen Nachbarn unvoreingenommen annehmen. Imkerei im eigenen Garten? Das habe ich zwar noch nie gemacht, aber es klingt nach einer spannenden Idee. Ich bin dabei! - Anpassungsfähigkeit:
Um gut mit VUKA zu leben, brauche ich Anpassungsfähigkeit. Ich muss offen sein, von einer ursprünglichen Idee Abstand zu nehmen und umzudenken in Richtung alternativer Optionen. Ich muss den Korridor meines ursprünglichen Plans weiten und neuen Möglichkeiten Raum geben. Statt den großen schattenwerfenden Baum zu fällen, der mich so stört, aber vom Nachbarn so geliebt wird, könnte ich vielleicht eine Sonnenterasse im Baumwipfel errichten? Anpassungsfähigkeit erreichen wir, wenn wir sagen: Okay, wenn der Nachbar meinem Plan im Weg steht, bin ich bereit, mir eine andere Möglichkeit zu überlegen. - Loslassen:
Bei Dingen, die man nicht ändern kann, emotional loszulassen und Gelassenheit walten zu lassen, hilft, Kräfte zu schonen. Gelassenheit bewahrt davor, Kraft zu verlieren, indem man sich an Dingen aufreibt, die außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegen. Wir können lockerlassen, wenn wir akzeptieren: Ja, der neue Nachbar VUKA wohnt nun hier. - Vertrauen:
Als übergeordneter Gedanke, erscheint der Glaube und die Überzeugung sinnvoll, dass ein Arrangement überhaupt möglich ist, dass das Zusammenleben mit VUKA glücken kann und dass wir die Kompetenzen dazu in uns tragen. Vertrauen haben wir, wenn wir sagen: Der neue Nachbar fordert mich, aber ich bin kompetent genug, mit seinen Eigenheiten umzugehen und etwas Gutes daraus zu machen. - Entscheidung:
Wir selbst können aktiv entscheiden, welche Wirkung VUKA auf uns haben soll. Wir können uns als Opfer sehen oder als Akteur:in. Nicht VUKA verursacht Stress, sondern die Art, wie wir darauf reagieren. Selbstbestimmt können wir entscheiden, uns aufzuregen und zu ärgern oder aber stattdessen etwas Gutes aus der Sache machen zu wollen. Wir tragen Verantwortung dafür, was VUKA mit uns macht: Nicht der neue Nachbar entscheidet, wie es mir geht, sondern ich.
Spontanität, Anpassungsfähigkeit, Loslassen, Vertrauen und Entscheidung verbinden sich zu einer neuen, gelungenen und zukunftsgerichteten Haltung. Diese liefert eine gute Basis, für das Leben mit VUKA, weil sie uns hilft, aus jeder Situation das Beste zu machen. SALVE macht Adaption an die veränderte Realität möglich. Heißen wir also unseren neuen Nachbarn willkommen! SALVE, VUKA – Sei gegrüßt, neuer Nachbar. Ich bin bereit, mit dir Tür an Tür zu leben und an den Herausforderungen, vor die du mich täglich stellst, zu wachsen. In diesem Sinne, auf gute Nachbarschaft!

SALVE VUKA! Tritt näher, wir sind gespannt darauf, dich und deine Welt kennenzulernen.
Fassen wir zusammen, was wir über den erfolgreichen Umgang mit der VUKA-Welt ganz konkret ableiten können:
- Wir erleben aktuell einen Alltag, der von vielen Wechselfällen gekennzeichnet ist. Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität – kurz VUKA – bestimmen die neue Wirklichkeit, in der Pläne und Realität zunehmend auseinanderdriften. Kurzfristig kann immer alles anders sein, als gedacht.
- VUKA steht im starken Gegensatz zu unseren bisherigen Erfahrungen. Wir sind es gewohnt, Unsicherheiten zu eliminieren, Vorhersagen zu treffen, Wirkzusammenhänge zu durchdringen und mit eindeutigen Fakten zu arbeiten. In der VUKA-Welt erleben wir, dass wir die Realität nicht wie gewohnt kontrollieren können. Wir müssen daher uns selbst und unser Verhalten an diese neue Realität anpassen.
- Dafür braucht es eine geeignete neue Haltung. Spontanität, Anpassungsfähigkeit, Loslassen, Vertrauen und Entscheidung – kurz SALVE – beschreiben, auf welcher Basis wir gut mit VUKA umgehen können. SALVE macht Adaption an die neue Wirklichkeit möglich und lässt uns das jeweils Beste aus der Situation machen. Gestalter:innen der Zukunft studieren diese Haltung jetzt Schritt für Schritt ein.
- VUKA zwingt uns umzudenken und das ist zweifelsohne unbequem. Alte Bahnen zu verlassen und neue Dinge auszuprobieren, waren jedoch stets Wegbereiter für Innovation und Fortschritt. Wir sollten uns VUKA daher nicht als Feind vorstellen, sondern als eigentlich netten Nachbarn, der uns zwar fordert, mit dem es sich aber gut leben lässt, wenn man weiß, wie man mit ihm umgehen muss. SALVE VUKA! Wir sind gespannt darauf, dich und deine Welt kennenzulernen.
Zum Weiterdenken: Mein Brückenbau in die Zukunft der Arbeit
In welchen Situationen erlebe ich in meiner Organisation VUKA?
Welche Haltung nehme ich VUKA gegenüber ein?
Welche Situationen erlauben es mir, SALVE zu üben und anzuwenden?
Quellen
Viktor Frankl Institut (2021). Logotherapie und Existenzanalyse, Abgerufen 09.07.2021, von https://www.franklzentrum.org/images/downloads/VIKTOR%20FRANKL%20ZENTRUM%20WIEN%20Begleitmaterial(1).pdf
Bildquellen: Alle Illustrationen aus diesem Blog stammen von Lena Bittrich und Carolin Meyer